Ich bin 1983 in Sachsen geboren, in Rheinland-Pfalz aufgewachsen und in Berlin groß geworden. Seit 2016 lebe ich in Halle an der Saale und bin außerdem häufig und gern in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. An der Humboldt Universität habe ich Sozialwissenschaften mit Schwerpunkt Politische Philosophie und Diversität/Migration studiert und mich danach beim Institut für Kreatives Schreiben in Berlin zur Poesiepädagogin ausgebildet. Ein wenig später absolvierte ich das Studium Deutsch unterrichten an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Freiberuflich veranstalte ich seit 2014 Schreibwerkstätten zu verschiedenen Themen, begleite wissenschaftliche und literarische Schreibprojekte, realisiere Erzählsalons und bearbeite literarisch Interviews sowie biographische Texte.
Sprache ist für mich essentiell und existentiell, weil es das wichtigste Werkzeug ist um mich mitzuteilen und um andere zu verstehen. Sie bereichert mich vor allem durch ihre Vielfalt, ihre Dynamik und ihren Spielraum. Zu schreiben habe ich angefangen um das Erlebte und damit einen Teil von mir festzuhalten. Später kam der Wunsch dazu eigene Welten zu erschaffen. Die eigene Schreibpraxis erlaubt mir sowohl die Realität einzuholen als auch ihr etwas entgegenzusetzen. Besonders gerne schreibe ich gemeinsam mit anderen, denn das Schreiben in der Gruppe bietet die Möglichkeit gleichzeitig zu unterhalten und unterhalten zu werden. Es ist für mich immer wieder interessant und häufig auch magisch den verschiedenen, einzigartigen (Erzähl-)Stimmen zu lauschen und Zeilen miteinander zu teilen.
Als Poesiepädagogin möchte ich einen Rahmen schaffen, der es allen ermöglicht aus dem individuellen wie kollektiven Potenzial zu schöpfen und sich (gegenseitig) zu bereichern.
Um einen Einblick in meine Haltung und meine Arbeit zu bekommen, hier ein Interview zum Beruf der Poesiepädagogin (geführt von Ines Balke im September 2022).
Du arbeitest freiberuflich als Poesiepädagogin. Was bedeutet das?
Ich gebe Workshops in unterschiedlichen (Bildungs-)Kontexten mit unterschiedlichen Menschen. Mein Hauptanliegen ist es, dass sich die Teilnehmenden von den inneren Zensoren befreien und ihre eigene Sprache finden. Viele sind von scheinbaren Erwartungen blockiert und zweifeln an ihren Schreibkünsten. Ich glaube, alle Menschen haben Texte in sich, die es lohnt aufgeschrieben und gehört zu werden. Es geht aber auch um Struktur: Wie konkretisiere ich meine Idee, wie halte ich den roten Faden, wie baue ich meinen Text auf? Und nicht zuletzt um den Austausch in der Gruppe. Schreiben muss nicht einsam sein.
In Deinen Schreibwerkstätten bringst du immer wieder Menschen zum Schreiben. Wie gestaltest du den Prozess?
Wichtig ist es mir, einen Raum zu schaffen, der nicht auf Konkurrenz und Leistungsdruck abzielt, sondern Vertrauen und gegenseitige Wertschätzung fördert. Und das auch für mich immer wieder wundervolle Erlebnis ist, das es funktioniert. Die allermeisten Menschen öffnen sich mit dem Schreiben und lernen einander kennen durch Vorlesen und Zuhören. Ich glaube, die Methodik kann viel und dann braucht es vielleicht eine, die daran glaubt, an das Befreiungs- und Gemeinschaftspotenzial, und das bin dann ich.
Welche Rolle spielt Schreiben, Schrift und Sprache für dich?
Sprache – und vor allem Schreiben – ist Reflektions-, Entfaltungs- und Kommunikationsmittel zugleich. Ein wunderbarer Möglichkeitsraum zum Sich-finden, Weitersuchen und Experimentieren. Sprache ist Werkzeug und Material, hat ihre eigene Dynamik, sowohl Möglichkeiten als auch Grenzen. Schrift – geschriebene Wörter und Sätze – ist etwas, an dem wir uns festhalten können. Schreiben hilft dabei, nah an sich dran zu bleiben. Es gibt dir Zeit – viel mehr als das Sprechen – Gedanken und Gefühle einzufangen. Es gibt einen Rahmen, bleibt dabei aber immer nur Annäherung. Nur selten sind das Erlebte und das Geschriebene deckungsgleich. Aber auch diese Lücke ist interessant, weil es Interpretationsspielraum gibt und Perspektiven gewechselt werden können.
Wie kamst du auf die Idee, fremde Menschen auf diese Weise miteinander in Verbindung zu bringen?
Ich habe beim Institut für Kreatives Schreiben in Berlin eine Weiterbildung zur Poesiepädagogin absolviert. Vorher hatte ich das Kreative Schreiben in einem Workshop kennen gelernt und Feuer gefangen. In der Gruppe zu schreiben, zu lesen und zuzuhören, erschien mir so beglückend und sinnvoll, dass ich das unbedingt weitergeben wollte.
Was inspiriert dich?
Vor allem Texte von anderen, häufig reichen einzelne Zeilen, aus Poesie und Prosa oder von anderen Schreibenden aus den Kursen. Aber auch Kunst und Musik. Das Leben an sich ist ja voller Schreibstoff.
Lieblingssatz in Deinem Poesie-Album?
Ich hatte, glaube ich, keines oder zumindest keines mit solchen Sprüchen. Habe aber hundert Lieblingssätze. Ich sammele sie auf Karteikarten und jeden Tag zeigt sich mir eine neue. Da jetzt eine auszusuchen, ist wirklich schwer… vielleicht: „Was leicht ist, ist richtig. Was richtig ist, ist leicht.“ Von Laotse. Ich finde es wichtig, dem in unserer Gesellschaft weit verbreitetem Slogan Nur unter Druck entstehen Diamanten etwas entgegenzuhalten. Eine andere, neu entdeckte, Lieblingszeile kommt aus einem Lied von Leonard Cohen und heißt: „There is crack, a crack in everything. Thats how the light gets in.“ Außerdem muss ich Marica Bodrožić zitieren, weil sie mir viele schöne und kluge Zeilen geschenkt hat: „Das Unbekannte ist nicht das Fremde. Es ist das Neue, das zu Erkennende.“